29.10.2019

Erst internationale Karriere als Angestellte, dann eigene Firma im Erzgebirge – Ehepaar übernimmt Etikettendruckerei in Zwönitz

Diese Firmengeschichte zeigt, was möglich ist, wenn Menschen Grenzen überwinden – und damit gemeint sind nicht nur physische Grenzen, sondern auch Barrieren, wie sie oftmals nur in den Köpfen existieren. Zehn Jahre nachdem Norbert Rabe seine Etikettenproduktion 1986 im rheinischen Bergisch-Gladbach gründete, siedelte er den nach ihm benannten Betrieb nach Zwönitz in Sachsen um. Der Liebe wegen verschlug es ihn in den Teil Deutschlands, der einst durch eine Mauer vom Gründungsort abgeschottet war. Im Mai letzten Jahres hat er die Norbert Rabe KG, die vielgestaltige Haftetiketten für die Industrie herstellt, nun an das Ehepaar Banerjjee übergeben.

Die Geschichte scheint sich wiederholt zu haben: Wieder ist es ein Mann, der seiner Frau in ihre erzgebirgische Heimat folgt. Nur galt es diesmal weitaus mehr Kilometer und damit ganze Landes- und Kulturgrenzen zu überwinden, denn Neu-Eigentümer Ronjey Banerjjee stammt ursprünglich aus Indien. Seine Ehefrau Carolin Banerjjee, mit der er heute die Rabe Etikettendruckerei leitet, lernte er über den Job in Casablanca kennen. Beide arbeiteten damals im selben internationalen Stahlkonzern. Für die Übernahme der Norbert Rabe KG kehrte Carolin Banerjjee jetzt nach über 20 Jahren im Ausland ins Erzgebirge zurück. Dabei erwies sich die BBS als Öffner finanzieller Grenzen: Mit ihrer Ausfallbürgschaft verhalf sie den Nachfolgern zu einem Darlehen der HypoVereinsbank Leipzig, mit dem sie die Firma erwerben konnten.

„Die Bürgschaft der BBS war das letzte Schlüsselelement, das zur Sicherung unseres Finanzierungspakets erforderlich war“, fasst Carolin Banerjjee kurz und bündig zusammen. Besonders von der Schnelligkeit, mit der ihr Anliegen von der BBS bearbeitet wurde, zeigt sich die Powerfrau beeindruckt: „Das klar definierte Programm und das kooperative Auftreten des BBS-Teams haben es uns ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit eine Freigabe zu erhalten. Es war eine exzellente Erfahrung!“ Durch die Einbindung der BBS konnten sie und ihr Mann zudem von optimierten Kreditkonditionen profitieren, die sich in vergleichsweise günstigen Zinssätzen und einer länger angelegten Laufzeit niederschlagen. Dass die Norbert Rabe KG überhaupt zum Kauf stand, erfuhr Carolin Banerjjee über private Verflechtungen: Der Alteigentümer ist nämlich der Nachbar ihrer Eltern und erzählte über den Gartenzaun hinweg, dass er nach einem geeigneten Nachfolger für seine Firma Ausschau hält – bis dato ohne Erfolg. An Kaufinteressenten mangelte es jedenfalls nicht. Große Mitbewerber aus ganz Deutschland legten Übernahmeangebote vor. Aber Norbert Rabe hatte andere Pläne. Ihm war wichtig, dass sein Lebensprojekt von einem Nachfolger aus der Region fortgeführt wird. Damit wollte er die Gefahr bannen, dass seine Firma einem größeren Betrieb einverleibt und der Standort Zwönitz aufgegeben wird – nicht zuletzt aus Sorge um das persönliche Schicksal seiner Mitarbeiter.

Die Banerjjees waren zu jener Zeit schon länger von der Idee beseelt, ihr eigenes Unternehmen zu führen. Dabei hatten sie klare Anforderungen an die Firma, die sie einmal übernehmen wollten: Sie sollte profitabel sein, unter anderem um den Kaufpreis aus dem Gewinn finanzieren zu können, und Potenzial für weiteres Wachstum bieten. Diese Kriterien sahen sie in der Norbert Rabe KG erfüllt. Den Worten von Caroline Banerjjee zufolge war es „Liebe auf den ersten Blick“. Ihr imponierte die kleine, gut strukturierte Firma mit ihrem jungen Team und der sauberen Arbeitsumgebung. Die Sympathien stießen auf Gegenseitigkeit und das nicht nur beim Übergeber. Auch bei der HypoVereinsbank hinterließen die Geschäftsleute einen überaus positiven Eindruck, wie Steffen Begander, Gründungs- und Nachfolgespezialist für die Region Ost, erläutert: „Das A und O bei einer Nachfolgefinanzierung ist oft die jeweilige Unternehmerpersönlichkeit. Uns hat überzeugt, mit welcher Detailtiefe sich die Übernehmer mit den Risiken und Chancen des Vorhabens beschäftigt haben, ehe sie überhaupt an eine Bank herangetreten sind.“ Der Finanzierungsexperte der HypoVereinsbank wird konkret: „Die zukünftige Konkurrenzfähigkeit der Produkte, der Einfluss der Digitalisierung in den nächsten Jahren, die Qualitätssicherung bei den Materiallieferanten und mögliche Produkt- und Personalerweiterungen wurden intensiv analysiert. Bei der Prüfung der Finanzierung hatten wir daher von Anfang an auch ein sehr gutes Gefühl, obwohl wir vorher weder das Unternehmen noch die Übernehmer kannten.“


Seit anderthalb Jahren ist die Norbert Rabe KG nun schon in den Händen der Banerjjees, die das Unternehmen konsequent weiterentwickeln. Der Zeit, in der sie als angestellte Führungskräfte in aller Welt lebten, trauern sie nicht hinterher: „Wir haben unser ganzes Leben in größeren Städten gearbeitet und das Erzgebirge bietet uns den Luxus, im Schoß der Natur zu leben und zu schaffen - während die Nähe zur Autobahn einen reibungslosen Geschäftsablauf ermöglicht“, beschreibt Carolin Banerjjee die Standortvorteile ihrer Heimat. Vor allem auch die Menschen hier machen das Erzgebirge für sie zu einer starken Wirtschaftsregion: „Unser Team besteht aus ehrlichen und fleißigen Mitarbeitern, die auch weiterhin die lokalen Traditionen pflegen.“ Dieses 25-köpfige Team soll künftig weiter anwachsen. Mit mehr Personal könne man dann auch noch zusätzliche Schichten fahren, schwebt der Unternehmerin vor. Die modernen HD-Flexodruckmaschinen sind jedenfalls rund um die Uhr einsatzbereit. Aktuell werden mit ihnen vorwiegend Haftetiketten für die Lebensmittelindustrie produziert. Aufgrund ihrer überschaubaren Größe kann die Nobert Rabe KG sehr flexibel agieren und individuelle Kundenaufträge selbst kurzfristig umsetzen. Damit gehört das Unternehmen zu den Hidden Champions der Region, das sich mit seinen neuen Eigentümern alles andere als zu verstecken braucht. Denn die viel beschworene Diversität in der Führungsetage ist hier schon heute gelebte Realität.

 

Bildquelle: Norbert Rabe KG